Endlich - der wichtigste Mann des Tages erscheint auf der Bildfläche. Und er hat sich Hilfe mitgebracht, dann geht es sicher fix. Die erste Brücke wird vorbereitet. Nicht ganz so einfach wie in den Niederlanden, wir werden gleich ein schönes Beispiel sehen, die weit man den Gedanken an Sicherheit und Vermeidung von Bedienungsfehlern treiben kann
Jetzt geht es erst einmal los - langsam laufen wir durch die erste Brücke. Der Elisabeth-Fehn-Kanal hat für uns vier Schleusen und immerhin sechs Brücken parat - nicht sehr viel, da sind wir schon etwas mehr gewohnt, aber immerhin - ein schöner Vormittag auf einem schönen Wasserweg liegt vor uns.
Weit geht der Blick zurück durch die erste Brücke - sie schließt sich und uns damit ein, jetzt geht es nur noch vorwärts, ein Zurück gibt es nicht mehr. Zweimal täglich zieht ein solchger Konvoi durch durchs schöne Emsland, in jede Richtung. Alltags jeweils um 7.30 und 12.00 Uhr, samstags und sonntags nur einmal mit Start um 8.00 Uhr und mittwochs tut sich nichts - Ruhetag!
Wir bleiben recht dicht zusammen, aber natürlich hat jeder seinen eigenen "Sicherheitsbereich" - man kann ja nie wissen und wenn es manchmal Wartezeiten gibt, ist ein etwas größerer Abstand Garant für entspanntes Warten. Grundsätzlich aber geht es zügig vorwärts. Auffällig: Die Brücken hier drehen entschieden langsamer als in den Niederlanden, man hat das Gefühl, das läuft im Zeitlupentempo ab.
Rechts der Liegeplatz einer "richtigen" Yachtwerft, an Bord der Carat aus Garbsen wird gerade gefrühstückt - die Werft Siemer hat hier mit Kran und Werkhallen eine Monopolstellung am Kanal. Immerhin: Gut zu wissen, manchmal kommt man ja nicht ohne aus oder fast jedenfalls, wir werden es noch sehen....
Lichte Allee auf der rechten Seite, die Morgensonne setzt helle Lichtflecke auf die Straße, ein wunderschöner Tag, ein bisschen viel Wind, aber der hat hier zwischen den Bäumen kaum eine Chance, uns das Fahren schwierig zu machen - aber sobald ich ohne T-Shirt aus meiner Dachluke schaue und die Sonne mal kurz verschwindet wird es mir zu kalt.
Und während wir noch fahren, arbeitet unser Begleiter bereits vor, denn....
...die erste Schleuse liegt vor uns - es ist Schleuse Reekenfeld. Die charakteristischen rot-weißen Hebel sind schon von Weitem zu sehen - damit werden die Schütze geöffnet - viel bequemer als die elende Kurbelei.
Insgesamt machen alle Schleusen einen sehr guten Eindruck, sie sind vor Jahren renoviert worden, sind alt aber technisch ok und auf leichte Bedienbarkeit optimiert. Die Stangen zum Drücken der Stemmtore sind direkt an den Toren befestigt, alles lässt sich prima bewegen. Da macht dann auch das Mithelfen Spaß.
Unser Schleusen- und Brückenmeister hat das ganze Wochenende Dienst - hier in der ersten Schleuse müssen erst einmal die Boote erfasst werden, der übliche lästige Papierkram, Statistik ist eben alles! Der Hub liegt im Bereich von etwa einem Meter - also durchaus überschaubar.
Wenn der Vater mit dem Sohne - die beiden arbeiten schnell und effektiv und der Filius hat den Ehrgeiz, Papa bei solchen Arbeiten möglichst alt aussehen zu lassen. Dabei kommt ihm entgegen, dass die Tore wirklich gut zu bewegen sind, hier wird anscheinend fachmännische Pflege betrieben.
Rechts und links ziehen die Behausungen der Eingeborenen und Zugezogenen vorüber. Das Spektrum ist riesig, vom einfachen Haus mit morastiger Wiese...
...bis hin zu aufwändigen Bauten, den Stil der Umgebung kopierend auf großzügigen Grundstücken.
Flache Häuser, an die Katen erinnernd, die sich an der Küste hinter dem Deich zu ducken scheinen, sich dem Wind ausweichend klein und niedrig machend...
...und auch richtig schöne alte Bauernhäuser, mit Gefühl für Haus und Umgebung restauriert. Ich mag diese Backsteinarchitektur.
Auch bei ganz moderen Gebäuden finden sich die unvermeidlichen Ziegel, hier die Grundschule Sonnentau. Auch solche Zweckgebäude können schön sein - da kenne ich eine Schulleiterin mit potthässlicher Grundschule, die bei diesem Bild ganz schön neidisch in den Norden blicken wird...
Und Ostfriesland ist jung und überaus aktiv - Beweise finden wir an diesem Wochenende allein an drei Häusern am Kanal - Kinderwäsche auf dem Dach und Meister Adebar verspricht reichen Kindersegen - macht hinne Leute, Kinder sind was ganz tolles und die Herstellung - obwohl in ungelernter Heimarbeit - eine überaus spaßige Angelegenheit mit durchaus lustvollen Höhepunkten, das macht immer Appetit auf mehr...
Auch hier bringt noch der Storch die Kinder! Die Feierkultur scheint hier zu boomen. Auch mehrere Geburtstagsfeiern sind an aufwändiger "Außenreklame" deutlich zu erkennen.
Doch zurück auf den Kanal - wir arbeiten uns langsam weiter vor, Brücke für Brücke. Das Wetter ist eigentlich nicht schlecht, die Sonne kommt sehr oft durch, nur der Wind ist etwas unangenehm. Doch gegen neun tausche ich meinen Pullover gegen ein T-Shirt ein und auch der dänische Skipper vor mir zieht kurz darauf seinen Skipper-Puli vom Ketemninde Sejlklub aus - es ist eben Sommer!
Die nächste Brücke ist etwas Besonderes: Die Eisenbahnbrücke! Hier sind wir gerade alle gut durchgelaufen,. aber wir wollen noch ein paar Bilder lang hier verweilen!
Hier überquert ein Museumszug den EFK, VT 75 nehme ich mal an, aber die Strecke wird auch für Gütertransporte benutzt, Torf wird hier zum Beispiel gefahren.
Klar, dass eine Eisenbahnbrücke völlig anderen Anforderungen genügen muss als so eine profane Straßenbrücke! Eine Öffnung derselben darf natürlich nur mit besonderer Vorsicht und unter Einhaltung ganz bestimmter Abläufe geschehen, lohnend, sich das einmal genauer anzusehen.
Ein besonderer "Spaß" auch für die Brückenwärter. Zwar sind hier Motoren am Werk, aber bis die einmal laufen, gibt es jede Menge Arbeit. Ein kompliziertes Schlüsselsystem sorgt dafür, dass keine der vielen Ver- und Entriegelungsmöglichkeiten vergessen wird.
Humor ist wenn man trotzdem lacht - aufwändiges Heben einer Brücke
Unbedingt notwendig ist dieser Schlüssel. Das Prinzip ist einfach und genial: Mit diesem Schlüssel schaltet man die erste Verstellmöglichkeit frei. Hat man den Schaltvorgang beendet, lässt sich ein zweiter Schlüssel entnehmen, der nun wiederum die nächste Aufgabe ermöglicht. Der dabei frei werdende Schlüssel gibt die dritte Einrichtung frei usw.
Schön zu sehen: Bevor man hier kurbeln kann, muss ein Schlüssel in die linke Klappe geschoben werden.
Nach erfolgreicher Betätigung kann dann aus der rechten Klappe ein Schlüssel entnommen werden - für den nächsten Vorgang.
Und hier wiederholt sich das Spiel, immer erhält man einen neuen Schlüssel, der den nächsten Arbeitsgang ermöglicht.
Auch das Signal muss natürlich vor dem Hochdrehen der Brücke auf HALT gestellt werden, und das geht - richtig - mit einem Schlüssel. Schmunzelnd erzählt der Schleusenmeister, dass man sich früher noch telefonisch beim diensthabenden Fahrdienstleiter melden musste - mit einem standardisierten Satz, dessen genauer Wortlaut von einigen Beamten wortwörtlich eingefordert wurde "Wie heißt das genau?" - glücklicher Weise ist das Telefon einer Sparaktion zum Opfer gefallen und damit entfiel dann auch das "Gedicht aufsagen"! Manchmal haben Sparmaßnahmen eben auch ihr Gutes!
Doppelrot - wenn alle durch sind strahlt sie wieder - das einzige Signal, dass sie wasserseitig geben kann, denn grüne Lampen wurden nicht eingebaut. Es sind ganz neue Signallichter, schon mit Leuchtdioden, dazu die einzigen Rotlichter am EFK, denn alle anderen Brücken sind unbefeuert - wer soll denn da auch unbegleitet hinkommen, geht ja gar nicht. Aber diese Eisenbahnbrücke, die ist eben was Besonderes!
Nächste Schleuse - der Skipper der Little Dream nimmt mir den Apparat aus der Hand "Du bist ja sonst nie drauf" und so komme ich zu einem Foto - Kalle und die Tremonia in der Schleuse Elisabethfehn am Elisabethfehnkanal EFK Kilometer 11 im Sommer 2007 bei schönstem Wetter (das ist kein Widerspruch an sich).
Die letzte Brücke taucht auf, unsere Fahrt nähert sich ihrem Ende. Neun Brücken und vier Schleusen - pünktlich nach knapp drei Stunden können wir die fahrt gleich beenden. Die beiden anderen Boote werden weiter laufen, ich muss warten.
Das ist sie, die Brücke an der Schleuse Osterhausen, schmal aber kurz für die Autos, für uns Eintritt zum "Vorhafen" der Schleuse Osterhausen. Diese kleinen Becken zwischen Schleuse und Brücken sind sehr wichtig, denn bei den nur 20 Meter langen Schleusen muss bei vielen Konvoifahrten doppelt geschleust werden, mehr als vier Boote passen kaum in die Kammer, oftmals nur zwei - und der Rest wird dann hier "zwischengelagert" um eine Doppelöffnung zu vermeiden.
Letzte Schleuse - wir laufen ein und die Marie - sonst von Ole präzise und zuverlässig an die Mauer gelegt, bricht plötzlich mit dem Heck aus, beide springen mit Leinen an Land und versuchen, dass Boot unter Kontrolle zu bringen. Was ist los?
Irgendetwas hat sich im Propeller verfangen - kommt mir bekannt vor, daher die Manövrierbehinderung. Das muss raus und weit und breit kein Kran. Ole schwingt sich in die Lille Marie und während ich das Beiboot vom Steg aus in Position halte versucht er sein Glück. Er kann nur gewinnen, bald hat er die Plastikfolie ein Stück weit losgezogen und er schafft es in verbissener Arbeit, den Fremdkörper aus dem Propeller zu entfernen.
Es ist ein äußerst stabiles und dickes Exemplar, so etwas nimmt man für Säcke mit schwerem Inhalt oder zum Verpacken von Paletten. Scheiß Zeug - aber es ist raus - ganz? Ich schlage eine kleine Probefahrt vor.
Und während Lille Marie am Steg wartet, starten Ingrid und Ole zu einer Runde...
...klappt prima, aufstoppen geht wieder, die Manövrierfähigkeit ist zurück gewonnen - Operation gelungen! Die Fahrt kann weiter gehen.