Terschelling kommt immer näher, drohend liegt eine dunkle Wolke über der Insel, verschwunden ist der Regenbogen. Doch bei uns nimmt der Wind immer mehr ab, wir verlieren an Fahrt.
Strategen unter sich: Boudewijn, Remco und Jeroen haben es nicht nur segeltechnisch faustdick hinter den Ohren, die drei sind absolut keine Kinder von Traurigkeit und haben der Crew (und sich selbst) eine Menge Spaß bereitet....
Aber hier geht es ums Segeln: Boudewijn ist mit dem Vortrieb nicht mehr zufrieden. Ergebnis der gemeinsamen Überlegungen: Der kleine Klüver wird durch einen größeren ersetzt, so wollen wir den abnehmenden Wind ausgleichen. Alter Klüver runter, neuer Klüver hoch - die Vordecks-Crew muss hart ran.
Und natürlich muss der Klüver ordentlich verstaut werden.
Aber es geht langsamer vorwärts, der Wind flaut immer mehr ab. Nur ganz langsam kommt das Zielschiff näher. Immer wieder der besorgte Blick nach achtern, aber die anderen haben auch keinen Wind, der Abstand bleibt gleich.
Weit hinter uns zieht das Feld um die Sandbank vor Terschelling, wir "schnippeln" die Ecke, jeder Meter zählt. Allerdings sind wir nun zu nahe an die Untiefe gekommen, das fehlte noch, kurz vor dem Ziel auflaufen und alle ziehen lachend an uns vorbei....
...also muss Muskelkraft den abflauenden Wind unterstützen. Blitzschnell greifen Boudewijn und Remco zu erlaubten Hilfsmitteln und unterstützen die eingeleitete Kursänderung - nix wie weg von der Untiefe!
Und gleich haben wir das Startschiff, die "Schuitengat", querab. Die Nummerntafel muss gezeigt werden.
Boudewijn gibt ein erstklassiges Nummerngirl ab - zwar hat er erst ein paar Probleme mit der richtigen Drehung der Tafel, aber dann klappt es und die Schuitengat antwortet mit Horn-Signal - einmal kurz - wir sind durchs Ziel!
Doch kaum haben wir das Zielschiff achteraus, geht die Welt unter. Begleitet von extrem starken Windböen prasselt ein Hagelschauer der Extra-Klasse auf uns herunter. Die Schuitengat verschwindet hinter einen Wasservorhang...
..was macht das Feld? Nur schemenhaft sind die Segel der restlichen Boote zu erkennen. Was wir erst am Abend erfahren: Die Flaute hatte die Flotte schlimm erwischt, durch das ablaufende Wasser drohte die Gefahr, rückwärts zu fahren, also wurden schnell die Anker geworfen. Als dann die Böenwalze in die Segel knallte, gab es dramatische Situationen, schließlich kämpfte man um Zentimeter und die Schiffe lagen sehr dicht beieinander. Aber alles ging glimpflich ab, keine Unfälle, Schwein gehabt.
Stefan Peltis, der auf der "Albert Johannes" mitten drin sitzt, beschreibt die Situation so:
"Es wird an allen Seiten immer enger. Wir müssen Vorbereitungen treffen, um nicht auf die anderen Schiffe aufzulaufen, der Skipper lässt den Anker klarmachen. Neben uns muss schon ein Schiff die Maschine starten, um eine Kollision zu vermeiden. Es ist zum Verzweifeln - das Ziel ist greifbar nahe, aber es geht nichts mehr - vor uns versuchen Sie, sich mit Hilfe einer Stange von uns und der Sandbank fortzubewegen. Das Schiff an Steuerbord setzt vor lauter Verzweifelung den Anker. Plötzlich teilt uns der Skipper mit, das von achtern wieder Wind aufkommt - wir besetzen wieder alle Stationen und harren der Dinge, die da kommen. Und wie sie kommen - die Schiffe hinter uns kriegen den Wind zu erst ab und kommen mit einem Affenzahn von hinten auf.Dabei kommt es zu dramatischen Situationen, es ist einfach nicht genug Platz für alle da. Der Großbaum des Schiffes an unserer Backbordseit knallt plötzlich in unser stehendes Gut..."
Mehr Dramatik in Wort und Bild gibt es auf der Internetsite von Stefan Peltis: HIER klicken, in seiner Navigationsleiste links oben geht es direkt zur Brandaris-Regatta.
Als der Spuk vorbei ist, wird der Blick wieder frei gegeben auf das Feld - es dauert noch Stunden, bis alle das Startschiff passieren können, denn der Wind flaut gleich wieder ab, das ablaufende Wasser bremst die Schiffe weiter aus - aber wir motoren Richtung West-Terschelling...
...und genehmigen uns den Zieltropfen, einen echten friesischen Beerenburg, schmeckt sehr gesund - Besanschot-an - das war eine schöne Regatta, auch wenn wir selbst diesmal weniger kämpfen mussten als im letzten Jahr. Wir mussten nur gut segeln - und das haben wird verdammt getan.
Das hat uns zusammen geschweißt - die bunt gemischte Gesellschaft wurde unterwegs zur Crew. So ist das eben auf See. Nur zusammen kann man so etwas erreichen. Es hat großen Spaß gemacht mit euch! Auch unsere Führungscrew lobt uns.
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