Abends, in Lingen, scheint schon wieder die Sonne. Viel Betrieb im alten Hafen - abends kommt ein Schubboot dazu, acht Sportboote liegen hier zur Nacht. Am nächsten Tag beschließe ich zu bleiben, das Wetter ist absolut schrecklich. Dauerregen von ziemlicher Stärke, dazu starker Wind, es gibt eine Sturmwarnung. Also, lieber im sicheren Hafen bleiben.
Die Lingener Tagespost - am heutigen Tag gegen den Drogenmißbrauch muss es ein (kleines) Gläschen Sekt sein, dass das Frühstück veredelt. Kann ich mir erlauben, die Unwetterwarnungen und die jetzt schon herrschende Windstärke mit Böen lassen nur eine Entscheidung zu: Hafentag im schönen Lingen! Außerdem kann ich mit dem Sekt auf ein wichtiges Ereignis (mit mir selbst) anstoßen: Meine Lieblings-Hotelerbin wurde heute aus dem Knast entlassen. Finde ich gut, die ist doch so blöd, da grenzt eine Haftstrafe schon an Ressourcenverschwendung. Haben die in USA nicht sogar Wartelisten fürs Absitzen von Gefängnisstrafen? Da gibt es doch bestimmt Anwärter, bei denen sich kraft eigener Intelligenz und Einsichtsfähigkeit eine Änderung des Verhaltens erwarten lässt - egal. Es wird ein durch und durch fauler Tag, ich habe mir ja einen Stapel alter Bücher mitgenommen: Steinbeck, Böll, Remarque und anderes Antiquariat aus meinen Regalen, wollte ich immer schon mal wieder lesen - heute ist Zeit dazu. Espresso mit ins Bett, schöne Musik im Boot und gutes Essen und den einen oder anderen guten Tropfen. Lieber Marcus, der trockene Grauburgunder aus Baden - gutes Tröpfchen - oops, mehr sage ich jetzt nicht, schließlich ist heute der Tag....
Der Wind wütet den ganzen Tag, Urlauber sitzen auf Helgoland fest, überall im Norden Land unter und auch in Lingen fährt die Feuerwehr viele Einsätze. Es regnet wie blöd, gerade mal kurz zum Einkaufen und schon wieder prasselt es aufs Deck. Die Bundesdrogenbeauftragte mag mir verzeihen - abends geht der Grauburgunder zur Neige. Immerhin gilt die Unwetterwarnung am Abend nur noch für die Küste - morgen geht es weiter.
Abendstimmung im alter Hafen Lingen
Schönes Wetter am nächsten Tag, aber noch sehr windig, und das werden wir beim Schleusen noch zu spüren bekommen. Ich laufe schon früh aus und bleibe in Varloh hängen - Störung! Zwei Werkstattwagen stehen direkt an der Kammer, man hört Elektrogeräte. Gleich geht es weiter, so der Schleusen wärter um 10.45. Ich lege mich an den einzigen Anleger für Sportboote, im Bild links zu sehen.
Notfalls kann man auch noch an der Spundwand zwischen den beiden Kammern liegen, dort gibt es kleine Poller. Außerdem stehen hier Doppeldalben, an denen man mit einem Sportboot ganz gut festmachen kann.
Schönes Umfeld in Varloh, viel Grün und störend ist einzig die vielbefahrene Straße hinter der Baumreihe.
Vier weitere Boote sind mittlerweile angekommen, die Arcadia kommt längsseits, sie hat neben der Tremonia in Lingen übernachtet. Colin und Marit kommen aus Berlin und sind auf dem Weg ins heimische Sliedrecht. Abends in Haren laden mich die beiden auf einen Kaffee ein und wir kommen aus dem Erzählen nicht mehr heraus - so viele Wasserwege haben die beiden schon befahren, so viele Fragen von mir, so viele Tipps. Morgen wollen wir zusammen ablegen in Richtung Ter Apel.
Die kleine Kammer kommt hoch und die Marianne aus Kleinzerlang fährt aus - die funktioniert also wieder. Wir sollen aber in die große Kammer einfahren.
Machen wir dann auch und legen uns natürlich nach Lee, der Wind drückt uns schön an die Mauer und wir können bequem festmachen. Nur einer geht nach Backbord - und kommt natürlich nur unter Schwierigkeiten an die Wand. Wildes Ziehen mit dem Bootshaken, der Schleusenmeister greift schon zum Fernglas um sich das Schauspiel näher anzusehen.
Und so sieht die restaurierte Große Kammer aus: Sportboottauglich mit durchgehenden Stangen - gut gemacht. Aber Vorsicht: Man hat einen monströsen Drempel gebaut, der sogar die nutzbare Länge der Kammer von 165 auf 153 Meter verkürzt. Warum hat man hier nicht auf 190 Meter verlängert für den neuen Schubverband? Vielleicht sind es die engen Kurven der Ems, die so lange Verbände unmöglich machen - keine Ahnung.
Die Trutzburg Schleuse Meppen - die vier großen Türme wirken sehr martialisch. Im Oberwasser wiederum keine Wartemöglichkeit für Sportboote, aber Doppeldalben sind immerhin besser als nichts. Im Unterwasser dagegen...
...ein schöner Wartesteg, allerdings mit "Kinderpollern" - wer baut so einen Scheiß? Warum kann man da nicht vernünftige Befestigungsmöglichkeiten installieren, Poller an denen die Leinen auch Halt finden. Manchmal kann man nur den Kopf schütteln.
Etwas weiter, kurz vor der Ortsdurchfahrt Meppen, ein schöner 24-Stunden-Anleger. Ich bin mal gespannt, ob bei der Rückfahrt diese beiden Boote auch noch da liegen, die sahen nicht wie Boote auf großer Fahrt aus...
Ich überhole die Arcadia, der kleine Verdränger hängt schon weit hinter dem ersten Boot zurück und ich will die Lücke nicht zu groß werden lassen. Zumal der Schleusenwärter gerade einem Binnenschiffer versprochen hat, gleich wieder runter zu kommen, die Bergfahrt werde gleich auslaufen. Mich hört er aber noch nicht. Kurz darauf bekomme ich dann Funkkontakt und er willigt ein, auf uns zu warten. Netter Zug von ihm.
Ja, das ist er, der "Dom" von Haren, schönes Bild, wenn er so plötzlich auftaucht. Ein paar Flußbiegungen trennen uns noch. Wir laufen den neuen Yachthafen an - im Frühjahr habe ich ihn das erste Mal gesehen, mittlerweile ist er eröffnet.
Gebaut hat die Kommune, allerdings mit Geld aus allen Ecken- Brüssel, Berlin und sogar die Provincie Groningen hat mitbezahlt - und dann hat die Stadt den Hafen an einen Club verpachtet, der ihn nun betreibt. Der Hafenmeister, alter Binnenschiffer, hilft mir beim Anlegen, der Wind spricht immer noch ein wichtiges Wörtchen mit. Schönes Gebäude, erstklassige Installationen, Ver- und Entsorgungssteg - alles da. Sieben Euro fünfzig sind auch nicht gerade wenig aber auch nicht teuer - Preis und Leistung stimmen!
Versorgungssteg im Yachthafen mit Trinkwasserentnahmestelle und Fäkalienabsaugstation, vorn die lange Sliprampe..
Blick von der anderen Seite - rechts Versorgungssteg und Sliprampe, links ein Teil der Stege. Rechts das Hafengebäude mit sehr schönen Sanitäranlagen. Viel Platz gibt es noch im Hafenbecken - der Hafenmeister lässt keinen Zweifel daran, dass die Zahl der Liegeplätze schnell vergößert werden muss - es gibt schon jetzt soviele Dauerlieger, dass die Gästeplätze knapp werden. Schaun wir mal, wie das hier in zwei drei Jahren aussieht!